Der Nationalrat hat am 5. Juli 2024 eine Änderung des WEG beschlossen, die am 1. September 2024 in Kraft treten wird. Die eigennützige Errichtung von Photovoltaikanlagen an Balkonen und Terrassen wird (analog der Anbringung von Vorrichtungen zum Langsamladen elektrisch betriebener Fahrzeuge) einer zweifachen Privilegierung unterworfen.
FH-Doz. Univ.-Lektor Mag. Christoph Kothbauer schreibt dazu in seinem Newsletter:
Zum einen bedarf es bezüglich der Anbringung von Photovoltaikanlagen an Balkonen oder an Terrassen zur Versorgung des WE-Objekts ab 1. September 2024 für die Ersetzung der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer:innen durch rechtgestaltende Entscheidung des Außerstreitgerichts keiner der beiden positiven Genehmigungsvoraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG (Verkehrsübung oder wichtiges Interesse), sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
Die negativen Genehmigungsvoraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 1 WEG (keine Schädigung des Hauses, keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen wie insbesondere auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen) werden aber im Fall des Widerspruchs auch nur eines Wohnungseigentümers bzw auch nur einer Wohnungseigentümerin nach wie vor im gerichtlichen Genehmigungsverfahren geprüft werden müssen.
Zum anderen wird ab 1. September 2024 die Anbringung von steckfertigen Photovoltaik-Kleinsterzeugungsanlagen an Balkonen oder an Terrassen dem Modell der Zustimmungsfiktion nach § 16 Abs 5 WEG (in dem Sinne, dass die Zustimmung eines Wohnungseigentümers bzw einer Wohnungseigentümerin als erteilt gilt, wenn er bzw sie von der Änderung durch Übersendung verständigt worden ist und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung widerspricht; in der Verständigung muss die geplante Änderung klar und verständlich beschrieben und müssen die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden) unterliegen.
Die am 1. Jänner 2022 in Kraft getretene WEG-Novelle 2022 brachte für die Änderungsrechte der Wohnungseigentümer:innen einige Erleichterungen (Privilegierungen). Photovoltaikanlagen an Balkonen und Terrassen von Mehrparteienhäusern wurden von den Privilegierungen der WEG-Novelle 2022 nicht erfasst.
Die nunmehr beschlossene Änderung des WEG erweitert nun gewissermaßen die Wirkung der WEG-Novelle 2022 auf derartige Einrichtungen, deren Anbringung ab 1. September 2024 einer Privilegierung nach § 16 Abs 2 Z 2 Satz 2 WEG und bei steckfertigen Kleinsterzeugungsanlagen auch einer Privilegierung nach § 16 Abs 5 WEG unterliegen wird, womit eine Rechtslage herbeigeführt wird, wie sie im Wesentlichen schon seit 1. Jänner 2022 für die Anbringung von Vorrichtungen zum Langsamladen elektrisch betriebener Fahrzeuge besteht.
Folgende Änderungen im Detail:
a) Entfall des Erfordernisses der Verkehrsübung oder des wichtigen Interesses im Außerstreitverfahren zur Ersetzung der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer:innen.
In § 16 Abs 2 Z 2 Satz 2 WEG wird der Katalog jener baulicher Änderungen unter Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft, bei welchen es für die Ersetzung der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer:innen nicht der Verkehrsübung oder eines wichtigen Interesses des änderungswilligen Wohnungseigentümers bzw der änderungswilligen Wohnungseigentümerin bedarf, um die Anbringung einer Photovoltaikanlage am Balkon oder an der Terrasse zur Versorgung des WE-Objekts, sofern der Anschluss an eine bestehende Einrichtung nicht möglich oder nicht zumutbar ist,
ausgeweitet.
b) Zustimmungsfiktion bei Kleinsterzeugungsanlagen.
In § 16 Abs 5 WEG wird der Katalog jener eigennützigen Änderungen, die dem Modell der Zustimmungsfiktion (in dem Sinne, dass die Zustimmung eines Wohnungseigentümers bzw einer Wohnungseigentümerin als erteilt gilt, wenn er bzw sie von der Änderung durch Übersendung verständigt worden ist und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung widerspricht; in der Verständigung muss die geplante Änderung klar und verständlich beschrieben und müssen die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden) unterliegen, um die Anbringung einer steckerfertigen Photovoltaik-Kleinsterzeugungsanlage am Balkon oder an der Terrasse
ausgeweitet.
Die detaillierte Gesamtstellungnahme von Dr. Christian Kothbauer können wir Ihnen gerne zusenden.
Mail bitte an: office@bsc-immobilien.at